Aus dem Artikel: "75 Jahre Theodor-Fliedner-Heim (1937 – 2012)" von Kuno Göing im Gemeindebrief Dezember 2012 (S. 4, 17-22)
Angaben zum Standort und Bauwerk Theodor-Fliedner-Heim sind im Hauptmenü unter Standort zu finden.
Bereits 1910 hatte die Gemeinde einen Antrag an das Königliche Konsistorium der Mark Brandenburg gestellt und um den Bau einer Kapelle gebeten. Der Erste Weltkrieg, Inflation und Weltwirtschaftskiese machten alle Pläne zunichte. Die Gemeinde musste sich weiterhin mit der Nutzung des Saales einer chemischen Fabrik in der Köpenicker Allee 136 (heute Hultschiner Damm) begnügen. Der 27.4.1920 war wieder ein wichtiger Tag. Der Preußische Landtag verabschiedete ein Gesetz zur Bildung von Groß Berlin, durch die Einbeziehung vieler Randgemeinden. Dieses Gesetz trat am 1.10.1920 in Kraft. Also kam auch Mahlsdorf zu Berlin. Die verkehrstechnische Erschließung bescherte Mahlsdorf den Anschluss an die elektrische S-Bahn. Der erste Zug fuhr am 15.12.1930 bis Mahlsdorf. Die erste eigene Schule in Mahlsdorf-Süd wurde 16. Mai 1936 am Königsweg (heute Erich-Baron-Weg) eröffnet. Für die Kirche gab es neue Pläne. Aus der Kapelle wurde ein Gemeindeheim, das sollte einen Gemeindesaalmit etwas über 200 Plätzen haben und dazu noch eine Wohnung für eine Gemeindeschwester und eine für den Gemeindediakon.
Am 22. Dezember 1937 abends 7:00 Uhr, nach nur sechs monatiger Bauzeit, konnte die Einweihung des „Evangelischen Gemeindeheims Theodor Fliedner“ gefeiert werden. Das war ein Fest! In der Festordnung lesen wir: „Der Erbauer des Gemeindeheims, Herr Regierungsbaumeister a.D. Risse, Berlin, überreicht den Schlüssel dem Herrn Präses des Verbandes der evangelischen Kirchengemeinden in der Hauptstadt Berlin Superintendent Zimmermann. Dieser übergibt ihn den Vorsitzenden des Gemeindekirchenrates, Herrn Pfarrer Rohrlach, der die Tür im Namen des dreieinigen Gottes öffnet“. Es singen der Kirchenchor der Alten Pfarrkirche und der Männergesangsverein Concordia. Die Orgel spielt Organist Theophil Rothenberg, den Gottesdienst leiten Pf. Rohrlach und Pf. Dr. Simon und es gibt viele Grußworte. Als Geschenke werden die Holzplastik, die den namensgebenden Theodor Fliedner zeigt und die silberne Taufschale überreicht. Als Gemeindeschwester nahm Schwester Dora Schulz ihren Dienst am 19.11.1936 auf, später folgte ihr Schwester Gerda Böttcher nach. Als Diakon konnte Herr Emil Eitel am 1.4.1938 die zweite Wohnung imTFH beziehen. Aber wieder standen den Menschen schlimme Zeiten bevor.
In der Nachkriegszeit normalisierte sich das Gemeindeleben sehr langsam. Zerstörung, Hunger und Notstand zeichneten den Alltag. Die sowjetische Besatzungsmacht wachte über alles. Pf. Dr. Simon war nicht aus dem Krieg zurückgekehrt, Pf. Rohrlach nahm seinen Dienst nicht wieder auf. Auch nach 1949, d.h. nach Gründung der DDR, wurde es für die Gläubigen in Alltag und Beruf oft schwierig. Umso wichtiger war es, einen festen Halt in der eigenen Gemeinde zu finden. Am 4. November 1951 um 15:00 Uhr konnten wir die Einweihung der neuen Glocken feiern. Die Weihe führte Superintendent Schröter durch. Den Gottesdienst begleiteten Pf.Wilke, Pf. Tietsch und Pf. Stöss. Es spielte der Posaunenchor und es sang der Chor unter Theophil Rothenberg.
Bis 1949 wurde die Predigtstätte immer von den Pfarrern der Alten Pfarrkirche betreut. Dann hatte dasTFH eine eigene Pfarrstelle. Seit 1949 waren es dann Pfarrer Tietsch, Pf. Tennigkeit, Pf. Gierra, Pf. Gastmann und Pf. Jabs.
Nachdem die Christenlehre nicht mehr in der Schule vermittelt werden durfte, wurde der Unterricht im TFH abgehalten. Dies erfolgte durch Frau Helga Feurich, Frau Erika Rothenberg, Frau Karin Rothenberg und jetzt unter Herrn Holger Brose.
Der Konfirmandenunterricht fand unter Leitung der diensthabenden Pfarrer statt. Den Kinderchor leitete Frau Gisela Heinker. Bibelstunde, Frauenhilfe, Helferkreis, Hauskreis, Gesprächskreis, Besuchsdienst, Junge Gemeinde, Seniorentreff, Flötenkreis, Familientreff, Kinderstunde, alle hatten und haben einen festen Platz in der Gemeinde. Viele ehrenamtliche Helfer stehen im Dienst unseres Herrn Jesus Christus. Und so konnten wir auch 25, 40 und 50 Jahre TFH feiern.
1989, im Jahr der „Wende“, gab es auch im TFH mehrere Treffen mit Diskussionen zu den aktuellen politischen Ereignissen. Viele Menschen suchten den Kontakt zur Kirche, wem sollte man sonst schon vertrauen? Und doch wurden alle von der schnell umgesetzten Wiedervereinigung Deutschlands überrascht. Wieder gab es große Veränderungen und wieder wurden die Gemeindekreise mit neuem Leben erfüllt.
Neue Aktivitäten sind hinzugekommen, der Spiel-Raum, Krabbelgruppe, Posaunen, Skat und die Vergabe unserer Räume für Tanz, Familienfeiern, Zeichengruppe und anderes. Aber seit 2002 gibt es keine Pfarrwohnung mehr im TFH. Gemeindeschwester und Diakon gibt es schon lange nichtmehr. Das Haus wurde umgebaut, alle Räume stehen nun zur Gestaltung des Gemeindelebens zur Verfügung. Alles wird gut genutzt!
Schließen möchte ich mit einem Wort aus dem Jahr 1937 von Pf. Dr.Simon zur Weihe des Hauses: „Die Gemeinde möchte dieses Theodor-Fliedner-Heim hinnehmen als ein Haus der Freude, als ein Haus der Liebe, als ein Ort des Gebetes, als eine Stätte des Friedens“. (Kuno Göing)