Ostern: Tag der Freude. Das Leben triumphiert über den Tod. Christus ist auferstanden, um Leiden und Tod zu überwinden. Aber: Wie kommen wir Menschen zur Gewissheit, dass Jesus lebt, dass er auferstanden ist? Lehrt uns nicht ein Blick in unsere Welt das Gegenteil von dem, was wir Ostern bekennen? In den Ostergeschichten des Neuen Testaments geht es um das Zeugnis und die Erfahrung von Menschen, für die mit dem Kreuz und dem Tod Jesu ihre Hoffnung zusammengebrochen war. Eine von ihnen ist Maria Magdalena. Sie stand draußen vor dem Grab und weinte.
Manche von uns kennen das. Sie haben erlebt, was das heißt: Allein an einem Ort stehen. Das bisherige Leben und alles Weitere ist in Frage gestellt. Der Tod verhindert alles, wirft alles durcheinander. Was bleibt, sind Tränen und Trauer und das oft so bedrückende Gefühl, jetzt ganz allein zu sein am Tisch, in der Stube, am Abend und am Grab.
Maria hat es nicht fertiggebracht, einfach nach Hause zu gehen und zu sagen: Das Leben geht weiter, es muss weiter gehen! Nein, sie wartet draußen vor dem Grab. Gut, dass sie weinen kann. Sie hat Recht. Sie weiß, was sie verloren hat. Und als die Tränen noch fließen, beugt sie sich in die Grabkammer hinein. Da sitzen zwei Engel in weißen Kleidern. Sie nehmen die Frau in ihrer ganzen Verzweiflung und Trauer ernst und sie fragen ganz schlicht: Frau, warum weinst du? Und Maria antwortet: „ Man hat meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat. Wo soll ich denn jetzt suchen, was man mir genommen hat?“
Dann geht alles ganz schnell wie in einem Traum. Sie dreht sich um. Sie glaubt, nun endlich den gefunden zu haben, der ihr helfen kann, wenigstens den toten Jesus wieder in ihre Nähe zu bekommen. Sie meint den Gärtner vor sich zu haben. Aber er ist nicht der Gärtner. Maria hofft, dass jemand ihr hilft, den toten Jesus zu sich zu holen. Dabei steht der lebendige Christus vor ihr. Erst dadurch, dass Christus sie mit ihrem Namen anspricht, hört sie seinen Ruf zu neuem Leben. Marias Sorge um den Leichnam Jesu hat sie bis jetzt gehindert, den Ruf des Lebens zu hören. Jetzt hört sie ihn, weil er sie gesucht und angesprochen hat. Jetzt weiß sie, dass ihr Herr lebt. »Rabbuni, mein Herr« bricht es aus ihr hervor. Sie spürt wieder Sinn und Ziel in ihrem Leben. Und sie hat eine Aufgabe. Sie wird gesendet zu den Jüngern Jesu. Auch sie sollen gewiss werden, dass Christus lebt. So will Gott jeden von uns ansprechen.
Hören wir seinen Ruf? Beachten wir seine Boten auf unserem Weg? Oder starren wir in leere Gräber? Sind wir fixiert darauf, dass sowieso alles keinen Sinn mehr hat? Welches Zeichen seines verheißenen Lebens entdecken wir in unserem Leben?
Maria hat dieses neue Leben erfahren: Auch im Dunkel des tiefsten Leides und der tiefsten Erschütterung wird sie nicht allein gelassen. Sein Licht leuchtet, wo wir noch auf unsere Gräber starren.
Ostern: Wir erinnern uns an die ersten Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung Jesu. Und wir hoffen, dass er uns auch in unserem Leben immer wieder die Augen dafür öffnet, dass er lebt und dass sein Leben stärker ist als der Tod.
Ein gesegnetes Osterfest wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Frank Grützmann